Der aktuelle Zustand der Gewerbeaufsicht in Baden-Württemberg muss dringend geändert werden. Hinsichtlich der Personalausstattung und der Verwaltungsstruktur ist das Experiment „Kommunalisierung von Aufgaben des Arbeits- und Umweltschutzes“ im Musterland Baden-Württemberg gescheitert.

arbeitsstaettenkontrollen der gewerbeaufsichtNach der Verwaltungsstrukturreform 2004 werden die Defizite in der Aufgabenwahrnehmung immer deutlicher. Beispielsweise sind in der Landeshauptstadt Stuttgart zwei Halbtags- und eine Vollzeitkraft neben anderen Aufgaben für die Überprüfung der Umsetzung von Sicherheit und Gesundheitsschutz auf allen Baustellen im gesamten Stadtgebiet zuständig. Eine derartige Personalausstattung ist für den Bausektor, dem unfallträchtigsten und aus Sicht des Arbeitsschutzes gefährlichsten Arbeitsbereich Deutschlands, unangemessen und fahrlässig. Der Zustand im Arbeitsschutz ist ein Paradebeispiel für die grundsätzliche Fehlentscheidung in Baden-Württemberg, die technischen Fachverwaltungen zu kommunalisieren. Hier ist Baden-Württemberg das Musterländle im negativen Sinne.

In diesem Jahr evaluiert der zuständige Ausschuss der Europäischen Union, dass Senior Labour Inspectors Committee (SLIC), die Umsetzung des Gemeinschaftsrecht im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in Deutschland. Nach Informationen des BTB, der Gewerkschaft für Technik und Naturwissenschaft, werden die Vertreter des SLIC das Land Baden-Württemberg nicht überprüfen. „Damit werden die Augen vor der Fehlentwicklung in Baden-Württemberg geschlossen“, stellt der BTB Vorsitzende Jan Seidel fest und fordert den Ausschuss auf, Baden-Württemberg in die Überprüfung 2017 einzubeziehen und sich vor Ort ein eigenes Bild zu machen.

Im Koalitionsvertrag der Landesregierung Baden-Württemberg wird die Änderung der Verwaltungsstruktur im Arbeitsschutz angekündigt. Der Koalitionsauftrag muss jetzt ernsthaft abgearbeitet werden, statt eine Notlösung nach der anderen in Gremien zu beraten und dann wieder zu verwerfen, weil keine Konstruktion und keine Vereinbarung auf kommunaler Ebene langfristig trägt und die klare Regelung der Zuständigkeit auf Landesebene ersetzen kann.

„Landesweit zuständige und gut ausgebildete Beschäftigte für den Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz sind das zuverlässige Erfolgsrezept“ so der BTB Vorsitzende. Alles andere würde Monat für Monat und Jahr für Jahr das Niveau des Arbeits- und Gesundheitsschutz weiter sinken lassen.

Statistiken machen das Defizit sichtbar: Die Überprüfungen in Baden-Württemberg sind seit der Kommunalisierung um rund 60 % zurückgegangen, damit sind als logische Folge auch die Feststellungen von Mängeln rückläufig. Weniger Mängelfeststellungen sind in Baden-Württemberg ein Ergebnis der ausgebliebenen Aufgabenwahrnehmung und keine positive Entwicklung im Bereich der Sicherheit am Arbeitsplatz.